05. Juni 2024

„Das würde einen enormen Innovationsschub auslösen“

2024 Coatema C2 Titel Magazin

Sehr schönes Interview in der C2 Deutschland mit Thomas Kolbusch über die Vorteile von Unternehmenskooperationen, über fruchtbare Partnerschaften und wie es gelingt die Zusammenarbeit mit Start-ups zu fördern. Lesen Sie das Interview mit Thomas Kolbusch, Director Sales/Marketing/Technology und Vice President bei Coatema.


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Welche Vorteile bieten Unternehmenskooperationen? Was lässt aus Zweckverbindungen frucht- bare Partnerschaften entstehen? Und wie gelingt die Zusammenarbeit mit Start-ups? Thomas Kolbusch, Director Sales/Marketing/Technology und Vice President bei Coatema, antwortet.


Herr Kolbusch, immer mehr Unternehmen der Branche koope- rieren, vor allem im Bereich der Entwicklung. Wie beurteilen Sie diesen Trend?
Thomas Kolbusch: Erfolgreiche Kooperationen ermöglichen es den Partnern, vom Know-how des jeweils anderen zu profitieren und Projekte zu realisieren, die sie allein nicht stemmen könnten. Dass Kooperationen seit langem an Bedeutung gewinnen, liegt auch daran, dass das Geschäft in unserer Branche heute global ist und viele Unternehmen nicht nur in Europa, sondern auch in den USA und Asien aktiv sind. Vor diesem Hintergrund wird es immer wichtiger, schnell am Markt zu sein. Hinzu kommt, dass die Produktlebenszyklen immer kürzer werden.


Sind die Entwicklungszeiten in Deutschland zu lang?
Entwicklungen finden weltweit und oft parallel statt. In Deutschland sind wir in der Tat manchmal zu langsam in unseren Prozessen. Was hier in zwei, drei Jahren erreicht wird, wird in Asien teilweise in nur einem Jahr umgesetzt, weil man dort viel aggressiver an Projekte herangeht. Gerade wenn es darum geht, neue Technologien zu skalieren, müssen deutsche Unternehmen professioneller agieren, sich zum Beispiel schneller mit Partnern zusammentun und neue Lösungen suchen.


Was sind die Ursachen für zu lange Entwicklungszeiten?
Um ein neues Projekt vom Labor- über den Pilotstatus und bis zur Produktionsreife zu bringen, bedarf es ausreichender Kapazitäten und finanzieller Mittel. Ein eigenes Forschungs- und Entwicklungszentrum, wie wir es besitzen, oder Tech- nologie-Cluster, wie es sie vereinzelt in Europa gibt und die durch europäische Förderprojekte unterstützt werden, sind in diesem Zusammenhang sehr hilfreich. Um solche Cluster nutzen zu können, ist allerdings eine intensivere Vorbereitung seitens der Unternehmen notwendig. Andererseits ist es ein großer Vorteil, dass man sich in Deutschland viel Zeit für die Grundlagenforschung nimmt, weil man sich dadurch einen Know-how-Vorsprung erarbeitet. Dabei wäre es auch wichtig, all die Möglichkeiten, die sich in Deutschland und Europa bieten, seitens der EU besser zu kommunizieren. Hier sind gerade in den letzten Jahren sehr gute Möglichkeiten durch die EU im Bereich marktnaher Forschungsförderung geschaffen worden.


Welche Rolle spielt die Konkurrenz aus Asien?
Der chinesische Staat investiert sehr viel Geld in Forschung und Entwicklung, und der Prozess bis zur Marktreife wird sehr konsequent umgesetzt. Beste Beispiele dafür sind die Solartechnik- und Batteriebranche und der Autohersteller BYD, der mit Akkus für Laptops angefangen hat. Ich erinnere mich noch gut an die ersten Taxis von BYD in China, doch von Anfang an hat sich das Unternehmen sehr konsequent auf das Ziel fokussiert, eine internationale Automarke zu werden. Man folgt in China im Übrigen einem sehr kapitalistischen Ansatz. Einerseits wird investiert, andererseits stellt man Projekte, die ihre wirtschaftlichen Ziele nicht erreichen, schnell wieder ein. In Deutschland unterliegt staatliche Förderung immer dem Risiko, dass Gelder aufgrund politischer Ent- scheidungen wieder gestrichen werden, wie dies zuletzt bei der Batterieförderung der Fall war. Forschungsförderung ist in Deutschland oft nur das Ergebnis erfolgreicher politischer Lobbyarbeit. Hier könnte mit einer mehr unternehmens- und marktorientierten Förderung wesentlich mehr aus der sehr guten Grundlagenforschung, die wir in Deutschland haben, an Markterfolgen generiert werden.


Stichwort Kooperationen: Was sind die Voraussetzungen für den Erfolg?
Neben einer klaren Strategie spielt die Führung eine ent- scheidende Rolle. In den beteiligten Unternehmen muss es eine verantwortliche Person geben, die das Projekt federführend leitet, die die Kommunikation zwischen den Beteiligten sicherstellt und dafür sorgt, dass strategische Ent- scheidungen umgesetzt und Fortschritte überprüft werden. Von Anfang an muss Klarheit über die Aufgabenverteilung zwischen den Partnern herrschen. Auch rechtliche Fragen müssen frühzeitig geklärt werden, zum Beispiel im Hinblick auf die kommerzielle Nutzung des Know-hows oder der Technologien, die die Partner einbringen oder gemeinsam entwickeln. Also: von Beginn an die notwendigen Kommunikationsstrukturen schaffen, offen kommunizieren und Vereinbarungen vertraglich fixieren.


Manchmal scheitern Kooperationen. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
Auch bei Coatema sind Kooperationen gescheitert, weil etwa die notwendige konsequente Steuerung und das Berichtswe- sen nicht gegeben waren. In den 2000er Jahren gab es bei uns zum Beispiel eine Kooperation mit mehreren Maschinenbauern im Bereich Solartechnik, als dieser Markt boomte: mehrere Entwicklungs-Teams in einem Raum mit unterschiedlichen Auffassungen über die Konstruktion. Konflikte waren die Folge. Vielleicht sind wir etwas zu blauäugig an das Projekt herangegangen. Aber wir haben daraus gelernt. Kurz gesagt: Man muss klare Milestones haben und sich daran halten. Man muss die Claims von Anfang an abstecken: Was macht man selbst? Was macht der Partner? Und man muss sich immer wieder hinterfragen: Macht das Projekt noch Sinn?


Was sind die Herausforderungen bei der Zusammenarbeit mit Start-ups?
Das hängt davon ab, aus welchem Land die Start-ups kommen. In Deutschland sind die meisten Start-ups relativ langsam, weil die Finanzierung hier viel schwieriger ist als in anderen Ländern. Daher sind die Ressourcen, was Mitarbeiter oder Kapital betrifft, meist begrenzt. Zudem handelt es sich meist um GmbHs mit den entsprechenden Haftungsrisiken für die Gründer. Da wir als Unternehmen an langfristigen Entwicklungen interessiert sind, stellt sich bei der Zusammenarbeit mit Start-ups immer die Frage, ob das Unternehmen über eine Technologie verfügt, die langfristig Potenzial hat bzw. in den kommenden Jahren überhaupt noch relevant ist. Wir haben bereits mit einigen Start-ups erfolgreich zusammengearbeitet, die später an die Börse gegangen sind, zum Beispiel mit einem Unternehmen in den USA im Bereich der Solartechnik.


Welche Arten von Start-ups sind für Coatema derzeit interessant?
Ein großes Thema ist digitale Fertigung, also die Digitalisierung von Prozessen und der Einsatz von KI in der Produktion. Außer- dem neue Technologien in der Messtechnik, die es noch nicht am Markt gibt, und digital gesteuerte Beschichtungs- und Druckverfahren. Wir sind laufend in Gesprächen.


Hat Deutschland international Wettbewerbsnachteile, weil Start-ups nicht ausreichend gefördert werden?
Ja. Wir bräuchten einen großen staatlichen Fonds zur Finan- zierung von Start-ups, der junge Unternehmen über mehrere Jahre unterstützt und ihnen hilft, nicht nur die kritischen ersten drei, sondern die ersten fünf Jahre zu überstehen. Damit wäre auch das „Valley of death“ der Hochskalierung keine Gefahr mehr für solche Unternehmen. Wenn man bedenkt, wie viel Geld in Deutschland generell für Förderung ausgegeben wird, wäre der finanzielle Aufwand sehr überschaubar. Ich bin sicher: Ein solcher Fonds würde einen enormen Innovationsschub auslösen.

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